Die Pute II: Originalsoundtrack

So, weiter geht’s.

Tauchen Sie nun ein in das höchst seltene Ereignis eines nahezu perfekten zweiten Teils, womit ich natürlich den folgenden Text meine, jedoch nicht verhehlen möchte, dass auch Hörspiel und seine Musik den grob­schlächtigen ersten Teil um Längen schlagen – nämlich genau 559 (Hörspiel) und 75 Sekunden (Musik).

Inhalt

Die Stücke dieser Soundtracks

1 Ouvertüre/Lagerhaus­einbruch

Na bitte, es geht doch! Nachdem man in Teil eins noch fast eingeschlafen ist bei der Ouvertüre, hatte ich bei der Umsetzung für Die Pute II wohl die Eingebung, das Tempo anzuziehen und auch den Mittelteil etwas interessanter zu gestalten. Mit dem Abgang blendet die erste Szene ein:

Die beiden Kleinkriminellen von der ↑Fischmarktjagd haben sich für den Rest der Trilogie auf den Diebstahl von Lebensmitteln spezialisiert und brechen dazu in ein Lagerhaus ein. Dort werden sie, weil sie geräuschvoll mit den Fischen herumglitschen und sich auch noch den falschen Laden ausgesucht haben, prompt von Mario Bon Doofis Handlangern erwischt. Dazu klingen kurz beide Motive aus ↑Don Bon Doofi an (1:52).

Plötzlich versucht das Klavier, das Geräusch eines als Wurfgeschoss missbrauchten Oktopus’ zu imitieren, weil eben genau das im Hörspiel geschieht (2:07).

Verwendung:

2. Der »gute« Bulle

Der schwedisch-französisch-irisch-amerikanisch-marsianische »Good cop« Dånkään Deau-Nut muss auch noch was asiatisches an sich haben, sonst hätte man mir nicht den Tipp gegeben, für sein Motiv Pentatonik zu verwenden. Heraus kamen das Scherzo für Deau-Nut und dieses Stück.

Brian De Palma gefiel die Rolle des »guten« Bullen übrigens so gut, dass er im Jahr 2006 seinem zukünftigen Ich einen Zettel schrieb, ihn doch bitte mit der Zeitmaschine abzuholen und ins Jahr 1954 zu bringen. Dort zeugte er nach Deau-Nuts Ebenbild Kevin Costner, um ihn sich selbst nach einer weiteren Reise ins Jahr 1986 für die Rolle des Prohibitions­agenten in Die Unbestechlichen zu empfehlen. Und weil er gerade einen Lauf hatte, reiste er noch ins Jahr 1902, wo er jenen Prohibitions­agenten en passant mitzeugte.

Verwendung:

3. Bumsfideldei (Liebesthema Nr. 5)

Dies ist das aufrichtigste Liebesstück der Welt. Es stieg nach vier vor lauter Kitsch verbrannten Kompositions­versuchen aus meinem Inneren empor wie Phönix aus Asche. Doch weil es so unkonven­tionell ist, zwang mich mein Berater A. F. dazu, gefälligst ein typisches Schnulzen­stück aus Elementen der vorher­gegangenen Versuche zu kreieren. Heraus kam dann das Liebesthema.

Verwendung:
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4. Der Gesandte

Der Paparator, das Oberhaupt der Unterwelt, schickt seinen Gesandten Herrn Schweiger zu den Allermunder Familien, um auf den Busch zu klopfen. Jener (Herr Schweiger, nicht der Busch) handelt so präzise wie ein Uhrwerk, so dass es ihm seine Musik einfach gleichtun musste. Unter­brochen wird das ganze durch irre Chöre, die für den geheimnis­vollen Paparator stehen und immer bei dessen Erwähnung im Hörspiel erknödel­klingen.

Nur so am Rande: Die Mitglieder von Led Zeppelin waren Anfang der Siebziger ebenso als Gesandte des Paparators unterwegs, wie man deutlich im Immigrant Song hören kann.

Verwendung:

5. Friedemanns Thema

Friedemann wird von Herrn Schweiger und dem Paparator gehörig an der Nase herumgeführt. Drum klingt dessen Flötenmotiv aus ↑Familie Nährwetter als eigenes Stück nun gar nicht mehr so fröhlich und unbeschwert, sondern zeigt vielmehr die ganze Ambivalenz von Gerd Nährwetters Sohn.

Verwendung:

6. Gerds Badewannen­abenteuer

Die Eins-zu-eins-Begleitung zu Gerd Nährwetters Badewannen­monolog, wie ihn Attila Fritzsch in nur einem Take dargeboten hat, verquickt John Williams’ berühmtes Thema aus Der weiße Hai mit Klaus Doldingers Musik aus Das Boot.

Zu erwähnen ist, dass Gerd Nährwetters Badewannen­monologe 2008 in Schrift­rollen­form bei Kiepenheuer & Witsch erschienen und schon bald darauf auf dem Index landeten. Damals haben sich Lukas Brösel und ich die Hände gerieben, weil wir dachten, mit den Schwarz­markt­preisen ein Vermögen verdienen zu können. Dann flatterten aber die ersten Anwalt­schreiben wegen seelischer Kränkung und solchem Quatsch ins Haus.

Verwendung:

7. Liebesthema

Dies ist das von der Plattenfirma erzwungene Stück (siehe Bumsfideldei), das einem von allen schlechten Musik­produzenten angewandten Muster folgt: Streicher rein, sonst bekommt die saudämliche Zuhörer­schaft doch gar nicht mit, dass es hier um Liebe geht. – Mensch, dabei steht das doch bereits im Titel!

Verwendung:
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8. Scherzo für Deau-Nut

Wie der Titel schon vermuten lässt, ist Scherzo für Deau-Nut eine flotte Version von Der »gute« Bulle. Diese Variante ist immer dann zu hören, wenn die Arbeit Dånkään Deau-Nuts und seiner Polizeieinheit mal Erfolg hat – also nahezu nie in dieser Trilogie.

Verwendung:

9. Kaffeeklatsch

Sollten Sie sich auch schon gefragt haben, wie ein paar Anfang-Zwanzig­jährige Ende 2005 so ein Riesen­projekt eigentlich finanzieren konnten, bekommen Sie jetzt die Antwort: Die Aufnahmen wurden von der CDU gesponsert, wobei deren Schwester­partei CSU als Bedingung den Einbau einer friedlichen Szene nach traditio­nellem Familienbild vorschrieb. Dies hier ist die Musik zu jener Szene.

Verwendung:

10. Automobil­verfolgungsjagd

Ich erinnere mich noch genau, wie wir damals an einem sonnigen Februartag nach einer Vorlesung aus dem Mathematik­gebäude der Technischen Universität kamen und davor ein schnittiges V8-Cello geparkt stand – mit Chrom­zierleisten an den F-Löchern und krokodilleder­bespannter Zarge. Jedoch wirklich klappte mir die Kinnlade erst herunter, als uns unser Kommilitone B. D. die Instrumenten­papiere mit seinem Namen drauf unter die Nase hielt.

Zu meinem Glück konnte ich ein außer­ordentlich peinliches Exemplar einer Integral­transformations­rechnung B.s aus einem Mülleimer fischen und ihn damit erpressen. So blieb ihm keine andere Wahl, als mit seinem Schlitten kostenlos ein paar Runden in diesem Stück hier zu drehen.

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11. Nächtlicher Besuch

Wenn der Superschläger zum Supersäger wird und das traute Liebespaar entvier­trennen möchte, bedarf es einer passenden Musik dazu. Und da ich in allen Mülleimern der Technischen Universität keine weiteren Papiere fand, um meinen Kommilitonen B. D. mit seinem Cello zum Sägen zu bewegen, kloppte ich vor Wut eine Trommel an dessen Statt.

Am Ende des Stücks ertönt das Motiv des »guten« Bullen, welcher unerwartet als Retter auftaucht (ab 1:35). Als Versöhnungsgeste Marios antwortet das Bon-Doofi-Motiv (2:18).

Verwendung:

12. Die Bekehrung

Mehr und mehr erreicht der Gesandte Herr Schweiger das Ziel des Paparators, Friedemann gegen die Bon Doofis aufzubringen. Dessen Flötenmotiv aus Friedemanns Thema versucht hier zunächst noch krampfhaft, gegen die Paraparator-Chöre aus Der Gesandte anzukämpfen, wird jedoch schließlich übermannt. Als alles vorüber ist, ertönt in gebrochener Weise Gerd Nährwetters Cellomotiv (rohe Gewalt konnte B. D. noch einmal zum Spielen überzeugen).

Verwendung:

13. Finale/Schlußsuite

O wei, jetzt wird’s übel! In einer eisigen Winternacht steht Mario mit Friedemann allein auf dem Balkon und hat keinen Schimmer von dessen Absichten. Düstere Variationen der Themen Gerd Nährwetters, Friedemanns und der Bon Doofis umkreisen sich, denn gleich … ist plötzlich Schluss.

Mit einem kurzen musikalischen Zitat, das zu dem gesprochenen Filmzitat in der Szene passt, wird zur Schlußsuite übergeleitet, die mit Ausschnitten aus Bumsfideldei , Nächtlicher Besuch , Friedemanns Thema und der Autombobilverfolgungsjagd aufwartet.

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benutzte Personen

Sarah Weber
Piano
Simon Franzkowiak
Gitarre
Thomas Gutmann
Gesang, Percussion, weiteres Piano, Programmierung
Johanna Schattkowsky
Querflöte
Benjamin Driehorst
Solocello
Gojko Goodman
Aufnahme (Mai und Juni 2006)
Thomas Gutmann
Mischung und Mastering
(Juli bis Oktober 2015, Februar 2018)

benutzte Fremdstücke

Jaws Main Title
Musik: John Williams
Das Boot – Titel
Musik: Klaus Doldinger
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