Die Pute I: Originalsoundtrack
Vorwort
Es ist vollbracht! Die Musik der ↑Die-Pute-Trilogie hat ein neu-abgemischtes, frisches Gewand, mit dem auch ich endlich leben kann. Drei Monate Arbeit liegen hinter mir, davon zwei an diesen Begleittexten. Tun Sie mir also bitte einen Gefallen und lesen das hier zwanzigmal durch. Die Musik dient dabei lediglich der Untermalung Ihres Leseprozesses.
–Thomas Gutmann, 7. Oktober 2015
Was sich wohl mein Ich aus der Vergangenheit bei diesen Worten gedacht hat? Zweieinhalb Jahre litt diese Knalltüte an dem plärrigen Sound. Und Sie auch. Also freuen Sie sich, dass Sie jetzt die 2018er-Mischung auf den Ohren haben!
–Thomas Gutmann, 3. März 2018
benutzte Personen
Sarah Weber
Piano
Julia Dux
Solovioline
Benjamin Driehorst
Solocello
Johanna Schattkowsky
Querflöte
Simon Franzkowiak
Gitarre, Problem-Gesang
Jan Wilkendorf
Schlagzeug, Problem-Gesang
Thomas Gutmann
Baß, Problem-Gesang, keine Mundharmonika, Keyboards, Programmierung
Gojko Goodman
Aufnahme
(22. Dezember 2004 und Frühjahr 2006)
Thomas Gutmann
Mischung und Mastering
(Juli bis Oktober 2015, Februar 2018)
benutzte Musikstücke
Problem
Musik: Simon Franzkowiak
Text: Simon Franzkowiak, Thomas Gutmann
The Man with the Harmonica
Ennio Morricone
Stücke
1. Ouvertüre
Zugegebenermaßen ist der Begleittext zum ersten Stück nicht der beste Ort, um eine Entschuldigung zu erbitten. Doch ich sehe es genauso wie Sie: Diese Ouvertüre ist nicht so ein Knaller wie die von Krieg der Sterne. Oberschrecklich ist sie aber zum Glück auch nicht, und es empfiehlt sich, die Melodie des Violinensolos zu beachten, kommt sie doch im Gesamtwerk noch einige Male vor.
- am Anfang und dann nie wieder in dieser Form
Verwendung:
2. Die Pute
Kennen Sie David Lynchs Film Der Wüstenplanet? – Ja? – Und wenn Sie nun auch noch einer jener Menschen sind, die nicht beim Abspann sofort abhauen, ist Ihnen vielleicht nicht entgangen, wie zur Musik von Toto die Schauspieler, darunter die Kapitäne von dem Boot (»alt«) und einer Enterprise (glatzköpfig) sowie der Weltmusiker, der mal Bassist von The Police war, einzeln in die Kamera glotzen, damit man sie sich noch mal vor Augen führt.
Jedenfalls stand jenes Toto-Stück namens Take My Hand Pate für Die Pute hier, das in seiner Vorgängerversion ein ähnliches Arrangement hatte: Schlagzeug, Keyboards, Klavier, und bis 2006 im Abspann der Pute lief – allerdings ohne, daß die Hörspieler einzeln ins Mikrofon husteten . . .
Beachtung finden darf die Melodie, die der Kontrabaß im Mittelteil spielt (2:14), denn hier wird Gerd Nährwetters Motiv aus dem nächsten Stück, ↑Familie Nährwetter, vorweggenommen.
- am Ende von Kapitel 1, als Mario Friedemanns Angebot annimmt
Verwendung:
3. Familie Nährwetter
Ein dicker marlonbrandoartiger Don tanzt im rosa Tutu Ballett – natürlich nur, wenn keiner hinguckt. So etwas in der Art muß ich mir vorgestellt haben, als ich für den »mächtigen und mächtig dicken« Don Gerd Nährwetter einen Walzer in dessen Thema packte.
Natürlich gibt es noch ein ernsthaftes musikalisches Motiv für Gerd, zu hören als Cellosolo in den Strophen. Später gesellt sich eine Querflötenmelodie hinzu (0:59), die für Gerds Sohn Friedemann steht und schließlich in Teil zwei als Friedemanns Thema weiterverwurstet wird.
- bei der Vorstellung der Disko Langbart und der Nährwetters
- als Untermalung von Gerds Geburtstagsständchen
- Die Pute II: Familie Nährwetter beim Frühstück
Verwendung:
4. Die Fischmarktjagd
Wenn man zuviel mit seinem Mobiltelefon rummacht, kann man schnell den Blick für die Gefahren verlieren, die einen tagtäglich umgeben – das wußten Lukas Brösel und ich schon im Jahr 2004. (Für die junge Leserschaft unter Ihnen: Damals gab es für den mobilen Gebrauch nur Dampfphones, die mit Öl oder Braunkohle betrieben wurden.)
So wird der telefonierende Pute-Hauptheld Mario seines Portemonnaies beraubt und rennt den Dieben hinterher. Und damit das ganze nicht zu langweilig klingt und man diese Actionsequenz von der einen weiteren Actionsequenz in der gesamten Die-Pute-Trilogie unterscheiden kann, hat die Hatz über den Fischmarkt ihre eigene Musik. (Hätte Hans Zimmer diesen simplen Ansatz befolgt, könnte man die dreihundertvierundsiebzig Actionszenen in Fluch der Karibik vielleicht auch voneinander unterscheiden.)
- nach dem Portemonnaie-Diebstahl auf dem Fischmarkt
- als Abschluß des ersten Kapitels
Verwendung:
5. Don Bon Doofi
Nach Marios Randale auf dem Kutter von Schiffer Gottfried, bei der die legendäre »Dorschleberpastete aus Die Pute« ihre Tonwandpremiere feiert und ich eine oscar®reife Hörspielleistung als scheißende Möwe abliefere, tritt zum ersten Mal Don Bon Doofi auf. Sofort denkt man sich: Wer so ein cooles Thema hat, kann kein schlechter Mensch sein, und tatsächlich ist nicht alles, wie es scheint.
Das Thema der Doofis entpuppt sich als das wichtigste in der ganzen Trilogie, denn Tom Bon Doofi, der sogenannte Don Bon Doofi, ist in Wirklichkeit Marios Vater. (Wie jetzt? Was meinen Sie mit: »Da oben stand aber kein Warnhinweis, daß hier alles verraten wird«?) Somit greife ich später immer wieder vor allem auf das Frage-Antwort-Motiv der Strophen zurück, wenn Mario den Platz seines Vaters eingenommen hat. (Wie? Was?)
- beim ersten Auftreten Tom Bon Doofis vor dem Telefonat der beiden Dons
- während der kommentierten Schlacht auf dem Fischmarkt
- Die Pute II: bei der Vorstellung Mary Bon Doofis
Verwendung:
6. Telefonterror
Zwei ältere, einflußreiche Herren streiten am Telefon, weil ihre Lakaien einander mit Essen (genauer: DLP™) beschmaddert haben. Klar, daß in diesem Stück die Motive der beiden zu hören sind. Gerds Cellomelodie aus ↑Familie Nährwetter wird hier vom Kontrabaß in langgestreckten Tönen intoniert, während Tom Bon Doofis Thema, äh, gibt’s nicht.
(Zu meiner Verteidigung: Das Stück war ursprünglich für die Szene mit der Speisekarten-Sabotage gedacht.)
- während des Telefonates zwischen den beiden Dons
- als Don Nährwetter Mario die Bedingung für dessen Aufnahme in den Klan nennt: Tom Bon Doofis Tod
Verwendung:
7. Problem
»Ein Rockstück longänntweindingroden« ist, wenn man es, obwohl es eigentlich fertig ist, noch mal mit klassischer Musik zumanscht, wie man hier in der Wikipedia nachlesen kann. Das war auch Simon Franzkowiaks erster Gedanke, als ich unseren 2004 EXKLUSIV FÜR DIE PUTE (fünfhundert Ausrufezeichen) eingespielten Song hier ein Jahr später kunstvoll veredelte.
Der Text ist ein hochkomplexes sozialkritisches Drama und handelt von Simon F., Thomas G. und Jan W. – einfachen Menschen wie Ihnen und mir.
Hier ein Auszug aus dem ersten Akt:
Mit dem Hörspiel hat das übrigens gar nichts zu tun. Der Song ist da einfach nur zu hören.
- während der Schießerei bei den Gartenzwergen
- Die Pute II: als Liveaufnahme von einem So-Konzert beim Cocktailtrinken im Hintergrund
Verwendung:
8. Roberts Tod
Robert »die Niere« findet wenig Gefallen an meiner Orchestrierung von ↑Problem und kippt bei deren letzten Querflötenton aus den Latschen. Und was macht man da? Richtig: man haut weiter mit dem Klavier drauf, indem man es in diesem Stück hier die ↑Problem-Baßlinie spielen läßt, bis der am Boden Liegende endlich zu seinen Ahnen abgeritten ist.
Ein kurzes Aufbäumen der Musik symbolisiert, daß das mittlerweile auch seine Kumpels geschnallt haben. Es folgen verschiedene Teile der Solomelodie aus der ↑Ouvertüre, während man darüber sinniert, ob man jetzt besser ins Bett oder aber in die nächste Kneipe geht.
- nach der Schießerei bei den Gartenzwergen
Verwendung:
9. Der Typ ohne Harmonika
Als ich mich vor ungefähr zehn Jahren im märkischen Sand unter einem freistehenden Rundbogen wiederfand mit einem meiner fetten Freunde auf den Schultern, dessen Hals da oben an den Bogen geknotet war, trat plötzlich Henry Fonda vor mein Antlitz, durchbohrte mich mit seinem blauäugigen Blick, griff langsam in seine Tasche und sagte: »Och, nee! Jetzt hab’ ich doch glatt meine Mundharmonika vergessen.«
Heraus kam dieses Stück. Und damit es sich besser in diesen Soundtrack einfügt, erklingt im Mittelteil Don Bon Doofis Motiv, obwohl dies keinerlei Funktion für das Hörspiel besitzt.
- am Morgen nach der Schießerei bei den Gartenzwergen
Verwendung:
10. Gekloppe auf der Mole
Mario soll Don Bon Doofi meucheln und wartet draußen am Ende der Mole auf sein Ziel. Garniert mit der ↑Ouvertüre-Melodie, erklingt Bon Doofis Motiv – erst wartend und schließlich beschwingt, als der Don auftaucht. Schon geht die Klopperei los.
Was nun passiert, ist wieder typisch! Weil sich nie jemand die Mühe macht, die Warnschilder zu rutschigen Gehwegen zu lesen, hängen die Kontrahenten bald über der Brüstung. Bon Doofi bleibt keine andere Wahl (Tremolo und schon wieder das Overtüren-Solo), als Mario eine unglaubliche Wahrheit ins Gesicht zu klatschen (Steigerung): Er ist, und jetzt wissen Sie’s ja bereits, dessen Vater.
Sie würden so eine Behauptung natürlich ebensowenig glauben wie Mario, weswegen das Klavier noch eine ↑Telefonterror-artige Wartemelodie klimpert und schließlich mit dem Beweis aufhört.
- als Friedemann Mario in der Seitengasse von Don Boofi erzählt
- beim Finale auf der Mole
Verwendung:
11. Vater und Sohn
Wer die titelgebenden Figuren sind, soll hier nicht verraten werden, nur soviel: Ein junger Mann und sein Erzeuger haben einander wiedergefunden und drücken sich ganz doll. Und dann wird es noch mal dramatisch mit dem ↑Motiv des einen der beiden, als dessen Pumpe nicht mehr so recht mitspielen will.
- am Ende des Finales auf der Mole
Verwendung:
12. Neuer Frieden/Schlußsuite
Und da ist er wieder, der Alptraum eines jeden Gärtners: Eine Meute von Menschen latscht den liebevoll gepflegten Rasen platt, nur um »neuen Frieden« zu schließen und ein letztes Mal den einen Laufwitz (engl.: Running gag) abzulassen.
Schon beginnt die Schlußsuite mit einer Reprise des Mittelteils der ↑Overtüre, um schließlich die wichtigsten Stücke aufzukochen: ↑Don Bon Doofi, ↑Familie Nährwetter und ↑Die Fischmarktjagd, bevor es zurück zum Neuen Frieden geht.
Und schon ist es geschafft.
- während des Epilogs und Abspanns